Kronen Zeitung - 14.10.2008
Bandbreite und Ergebnislosigkeit
Ausklang des "musikprotokoll" im "steirischen herbst"
Am Sonntag ging das "musikprotokoll" zu Ende. Im Minoritensaal fächerte
das Ensemble für Neue Musik unter Edo Micic beim Abschlusskonzert der
"Klangwege 2008" die Bandbreite zeitgenössischer Komposition auf, Franz
Hautzingers "Oriental Space" bespielte den Dom im Berg mit massiver
Klangentfremdung.
Durchwegs faszinierend waren die vier
Beiträge von Gaststudenten der KUG: Der Südkoreaner Sung Yong Cheong
ließ in "Monolog" für Klarinette und Klavierquartett die japanische
Besatzung seiner Heimat via eines Gedichts von Yuksa Lee Revue
passieren, wobei Bedrohung und Ohnmacht hörfilmartige Plastizität
erreichten. Petros Moraitis hatte für sein "ex libris" zum Gedenken an
den griechischen Dichter Miltos Sahtouris dessen Hang zu
Irrationalismen übernommen. Hinter der mit quasi neutraler Souveränität
vortragenden Sopranistin Pirjo Kalinowska probten die Instrumentalisten
spannende Zerfallsprozesse.
Humorsinnig umgesetzt wurde der
Beitrag von Wen-Cheh Lee (Taiwan), der den Begriff "Misserfolg" aus
einzelnen Kieksern und Vokalfetzen zur zähen, von Auf- und
Abwärtsglissandi geprägten Masse verdichtete. Eine elegante, doch etwas
uninspirierte kompositorische Fingerübung war dagegen das in
mittelhoher Tonlage kreisende "Jenseits des Klanges" des Portugiesen
[ka:mi].
Franz Hautzingers "Oriental Space" (mit Mazen Kerbaj
und Sharif Sehnaoui) litt später unter dynamischer Herrschsucht von
Sample-Pionier Helge Hinteregger und strandete als monströses
Klangforschungsprojekt ohne künstlerische Ergebnisse.
MW