Kronen Zeitung - 03.10.2008
Gemeinsame Strategie zum Glück
Grazer Helmut-List-Halle: Eröffnung des "steirischen herbst"
"Strategien zur Unglücksvermeidung" hat der "steirische herbst" 2008 zu
seinem Motto erkoren. Und die waren am Donnerstagabend bei der
Eröffnung des Festivals in der Grazer
Helmut-List-Halle auch gleich vom Publikum gefragt. Denn das "Volksbad Wagner-Biro-Straße" hielt einige Überraschungen bereit.
Bei den vergangenen "herbst"-Eröffnungen wurden die künstlerischen
Interventionen oft vom gesellschaftlichen Ereignis überrollt. Diesmal
griff man mit dem "Volksbad Wagner-Biro-Straße" von Christof
Steinbrener und Rainer Dempf zur Gegenstrategie, erklärte das
gesellschaftliche Ereignis zur Kunst und ließ das Publikum auf durchaus
perfide Art Stellung beziehen.
Veronica Kaup-Hasler hat zuvor
in ihrer Eröffnungsrede die ungewohnte Situation, in der das Publikum
sich wiederfinden würde, angekündigt: "Jeder einzelne von uns muss sich
fragen, wie er sich verhält. Sind wir wagemutig, verbünden wir uns,
kapitulieren wir?" Es galt Rituale zu finden, die helfen,
Gemeinschaften zu bilden und so mit dem Unglück umzugehen. Die
Intendantin wehrte sich gegen den Vorwurf negativ zu "Uns geht es nicht
um den verzagten, deprimierten Blick auf die Welt, sondern darum, wie
wir aktiv sein können."
Der "steirische herbst" dauert heuer
bis 26. Oktober und präsentiert mehr als 100 Veranstaltungen. "Wir sind
stolz, dass es gelungen ist, fast ausschließlich neue Arbeiten zu
zeigen", betonte Kaup-Hasler und verwies auch auf das damit verbunden
Risiko. "Aber wir müssen darauf bestehen, diese Tradition zu wahren:
Kunst zu ermöglichen, nicht nur vorzuführen."
Michaela Reichart