Kronen Zeitung - 26.09.2008
Die Realität ist ein Hirngespinst
Duo SIGNA lädt zur Grenzerfahrung im "steirischen herbst"
In der Welt des Künstlerduos SIGNA gibt es keine Grenzen zwischen
Akteuren und Publikum, zwischen Realität und Spiel. Für den
"steirischen herbst" eröffnen Signa S³rensen und Arthur Köstler eine
Klinik, in der nach der "Komplex-Nord-Methode" Patienten (das Publikum)
mit Amnesie behandelt werden.
"Tritt ein, aber lass deine
Identität vor der Tür" könnte man während der ersten "herbst"-Tage auf
die Tore des Joanneums in Graz heften. Denn wer sich in die dort
untergebrachte Klinik von SIGNA einweisen lässt, wird nicht nur seiner
Vergangenheit beraubt, sondern muss auch noch als Amnesie-Patient sein Dasein in psychiatrischer Behandlung fristen.
"Jeder Patient bekommt Fragmente einer fiktiven Identität übergestülpt,
aus denen sich im Laufe des Aufenthalts in der Klinik eine eigene Figur
entwickelt", schildert Arthur Köstler das Konzept dieser ungewöhnlichen
Performance-Installation. Objekt-Assoziation, Einzel- und
Gruppengespräche, Maltherapie, Poesieclub oder auch Primal Therapy
stehen auf der Tagesordnung. Bloßes Zusehen gibt es für die Besucher in
diesem Fall nicht, als Patient ist man mitten drin statt nur dabei.
Eine geistige Flucht in die Realität wird ebenso wenig geduldet: "Das
wahre Leben der Besucher und Verweise auf die Außenwelt werden zu
Hirngespinsten der Patienten." Eine Gruppe von Schauspielern sorgt als
Ärzte, Pflegepersonal und Reinigungskräfte dafür, dass die Klinik-Welt
nicht aus den Fugen gerät und jeder Patient bestens behandelt wird.
Letztendlich erlebt bei SIGNA also jeder seine eigene Vorstellung. "Die
verschiedenen Interaktionsstrategien sämtlicher Teilnehmer bringen
immer neue und spannende Ergebnisse", so das SIGNA-Team, das mit
ähnlich gearteten Krankenhaus-Performances bereits in Kopenhagen und
Berlin für theatrale Heilung sorgte.
Christoph Hartner