Kleine Zeitung - 04.10.2008
Geschichten aus einer Klein(alm)stadt
Ein kleiner, sehr feiner Abend zu herbst-Beginn.
Eine seltsame Stadt in der Bergregion Colorados. Bonanza hat sieben
ständige Einwohner, im Sommer kommen zwei Handvoll Urlauber dazu.
That's it.
Der amerikanische Weiler steht im Mittelpunkt der
ersten szenischen Produktion des heurigen steirischen herbstes und
hatte gestern Abend im Theater am Lend Premiere. Der knapp einstündige
Abend kommt ganz ohne leibhaftig anwesende Schauspieler aus. Unter
einem großen Diorama, in dem Bonanza nachgebaut ist, befinden sich fünf
Flatscreens. Auf ihnen entwickelt sich die Handlung, die vom
Künstlerkollektiv "Berlin" entwickelt wurde.
Ent-wickelt ist
wörtlich zu nehmen: "Berlin" brachten die sieben Bewohner Bonanzas zum
Reden. Sie schildern ihr Leben, ihre Beweggründe, auf der entlegenen
Alm zu wohnen, und auch die Probleme, einen funktionierenden
Gemeinderat zu wählen.
Auf diese Art entsteht ein fabelhaftes
Panoptikum von Amerikas kleinen Leuten, aber auch ein präzises
Röntgenbild der Gesellschaft an sich anhand ihre kleinsten denkbaren
Menge. Handwerklich toll gemacht, ist "Bonanza" eine sehenswerte
Schnittstelle zwischen Kunst und ganz normalem Leben.
Frido Hütter