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Der Standard - 18.10.2008
Doppelbödiges und Unheimliches
"All Together Now" und "Jerk" beim steirischen herbst

Jedes Publikum ist eine temporäre Gemeinde, das ihre führt die Choreografin Meg Stuart bei der Uraufführung von All Together Now in einen engen Raum. Aus Lautsprechern dringt ein Text (Tim Etchells) über die Hinführung zum wilden Sex. Erleichterung, als sich endlich ein Pförtchen öffnet. Die Zuschauer treten in völliges Dunkel.

Im Laufe des Abends verwandeln sich die Tänzer in Animateure. Mit strahlendem Lächeln bringt eine Tänzerin eine Torte; ein Zuschauer nach dem anderen nimmt einen Bissen, in diesem Moment wird jeder zum Darsteller. Publikum wie Tänzer üben sich in einem doppelbödigen Spiel. Die temporäre Gemeinschaft bildet ein Zweckbündnis, das sich nach Ende des Rituals wieder auflöst.

Bis Sonntag in der Helmut-List-Halle

Auch bei Jerk ist Schluss mit lustig, wenn die Tür hinter den Zuschauern zufällt. Ein schüchterner junger Mann (Jonathan Capdevielle) kündigt an, gleich von seiner Drogenvergangenheit zu erzählen . Hauptakteure sind Handpuppen - ein Pandabär und eine Robbe -, unter deren Masken sich menschliche Puppengesichter verbergen. Gisèle Vienne dramatisierte mit Jerk den auf einer wahren Geschichte basierenden Roman von Dennis Cooper.

Es geht um einen Massenmörder, der jugendliche Männer in seinem Keller zu Tode foltert; einer seiner jungen Assistenten filmt die Morde. Capdevielle, der den Abend virtuos mit rasanten Stimmwechseln und perfekter Bauchrede trägt, lässt die Täterpuppen tanzen, während andere blasse Teenager-Puppen tot am Boden liegen. Regisseurin Vienne packt den Schrecken in eine knappe Stunde, in der es einem manchmal unerträglich mulmig wird.


Helmut Ploebst / Colette Schmidt






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