ORF Steiermark online - 29.09.2008
Mit Kunst gegen falsche Amnesie
Das Künstlerduo SIGNA installiert für den steirischen herbst im Grazer Joanneum einen Krankenhaustrakt, in dem Besucher die Patienten sind. Die einheitliche Diagnose lautet auf "Amnesie- und dissoziative Störungen".
Projekte in Kopenhagen, Köln, Berlin und Graz
Hinter SIGNA stecken die Performance-Künstler Signa Sörensen aus
Dänemark und der Oberösterreicher Arthur Köstler, die seit 2004
gemeinsame Sache machen und deren Projekte bereits in Kopenhagen, Köln
und Berlin für internationales Echo sorgten.
Identität beim Eingang abgeben
Das Künstlerduo baut so genannte lebende Installationen. In Graz
schaffen sie eine Non-Stop-Installation unter dem Titel
"Komplex-Nord-Methode".
Dabei handelt es sich um ein Krankenhaus im Stil der 50er-Jahre, in dem
sich die Besucher für mindestens sechs Stunden einschreiben lassen
können und beim Eingang ihre Identität abgeben müssen; denn im fiktiven
Krankenhaus für Amnesiepatienten haben alle Patienten ihr Gedächtnis
verloren.
Besucher werden speziell behandelt
Ärzte und Schwestern betreuen, behandeln und therapieren die Besucher -
wie, das hängt von der jeweiligen Vorgeschichte ab, von der der
Besucher allerdings nichts weiß. Doch auch für Sörensen und Köstler
bleibt unklar, was die Kunstaktion bringen wird: "Es kommt sehr auf das
Publikum drauf an. Es gibt zwar bestimmte Regeln und Abläufe, aber was
dann im Endeffekt passiert, weiß man nie", erzählt Arthur Köstler.
Kleider gegen Krankenhauspyjama
Fürchten müssen sich die Patienten trotz obskurerer Therapien nicht:
Das Publikum wird zu nichts gezwungen, außer sich den Hausregeln zu
unterwerfen und ihre Kleider gegen einen Krankenhauspyjama
einzutauschen. In die Installation dürfen Besucher nichts
hineinbringen, außer sich selbst.
Untersuchung von Machtstrukturen
Den Zweck der Installation erklärt Signa Sörensen: "Das Ziel ist, alle
Verhältnisse und Machtstrukturen zu untersuchen. Das Publikum soll zum
Reflektieren und Nachdenken gebracht werden. Viele von den Erfahrungen,
die das Publikum innerhalb von der Installation machen können, können
auch direkt ins wirkliche Leben übertragen werden. Sie werden in eine
Extremsituation gebracht, die sie vielleicht früher nicht erlebt haben.
Und wir hoffen, dass das bedeuten kann, dass sie manche Sachen anders
sehen".
Man darf, was man sonst nicht darf
Die Patienten, die ihre Identität verloren haben, werden im
Amnesie-Krankenhaus eine andere entwickeln: "Der Patient bewegt sich in
einer fiktiven Welt, in einem geschützten Raum. Er hat selbst eine
eigene Identität, kann sich somit auch sehr viel erlauben, was er sich
im richtigen Leben vielleicht nicht erlauben würde", so Köstler.