Woche - 29.10.2008
Ich kann malen!
Der steirische herbst schloss mit Georg Friedrich Haas' Oper "Melancholia".
Der steirische herbst schloss mit Georg Friedrich Haas' Oper "Melancholia".
Den Abschluss des steirischen herbstes 2008 bildete die österreichische
Erstaufführung von Georg Friedrich Haas' Auftragsoper "Melancholia" zum
Libretto und nach dem Roman des Norwegers Jon Fosse in der Besetzung
der Pariser Uraufführung, inszeniert von Stanislas Nordey. Sie zeigt
einen Tag im traurigen Leben des geisteskranken, erst posthum zu Ruhm
gelangten norwegischen Landschaftsmalers Lars Hertervig am Ende seines
kurzen Studiums 1853 an der Düsseldorfer Kunstakademie. Er hat sich in
die 15-jährige Helene Winckelmann, die Nichte seines Zimmervermieters,
verliebt, der ihm deshalb kündigt. Im Künstlerlokal "Malkasten" wird er
von seinen minderbegabten Kommilitonen grausam verspottet. Er kehrt
noch einmal zu Helene zurück, doch ihr Onkel lässt ihn abführen und
ausweisen.
Musikalisch tragen die Singstimmen die Handlung, die
seelischen Innenvorgänge sind dem Orchester anvertraut. Lars'
Widersacher in der konventionellen Außenwelt singen die oft intensiv
pulsierenden Chorpassagen in tonalen Zitaten (grandios das
Vokalensemble NOVA), bei Lars und Helene kommen neben Halb- auch
Vierteltonschritte ins Spiel. Anklänge an Berg, Ligeti, Reimann und -
im Zusammenklang von Chor- und unverbundenen Solopassagen - Matthus
werden laut. Das formidable Klangforum Wien im Orchestergraben geht
noch weiter, wenn es Mikrointervalle der natürlichen Obertonreihe
erklingen lässt.
Nordey setzt die oratorienhaft aktionsarme
Handlung in einem fast berührungsfreien, statischen Bewegungskanon um,
dem Emmanuel Clolus' schwarze Kastenbühne mit einem abwechselnd
Bildleinwand, Wirtshaustheke oder Wand symbolisierenden weißen
Riesentuch als einzigem mobilem Element sowie Raoul Fernandez' schwarze
und weiße Kostüme aus der Zeit der Handlung entsprechen.
Unter
Emilio Pomaricos inspirierender Leitung sang Bariton Otto Katza-meier
trotz Indisposition die große und schwierige Partie des Lars
konzentriert, ausdrucksstark und mit imponierenden Tiefen. Als sein
Gegenspieler Winckelmann klang Johannes Schmidt sonor und bedrohlich.
Melanie Walz gelang die Darstellung der unschuldig-unsicheren Helene
ebenso gut wie Annette Elster die der schlamperten Kellnerin.
Bemerkenswert der Auftritt des Countertenors Daniel Gloger als
schneidend hämischer Student Alfred. Auch Ruth Weber und Martyn Hill
gefielen als Mutter und Student Bodum.