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Kronen Zeitung - 12.10.2008
Liederschatztruhen und Notenpapier
ORF-"musikprotokoll" zum "steirischen herbst" 2008

Drei Ensembles versuchten im Grazer Minoritensaal die Gegenüberstellung und Verflechtung dreier verschiedener Perspektiven auf die Gegenwartsmusik. Ergebnis dieses bis spät in die Nacht reichenden "musikprotokolls" waren die pragmatischen Gegensatzpaare Improvisation/Notation sowie Europa/Orient.

Kammermusik aus Ländern mit langer einschlägiger Musiktradition (Österreich, Deutschland, Italien, England) bildete den Kontrapunkt zum Auftakt. Das Streichtrio EIS und Pianistin Hsin-Huei Huang interpretierten fünf doch sehr unterschiedliche Stücke.

Das Klaviersolo "On a clear day" (2004) verriet die meisterliche Tonsprache des jungen Starkomponisten Matthias Pintscher. Ein zurückhaltendes, schwereloses Stück, dessen Qualitäten ebenso wie Stefano Scodanbbios ziseliertes "Wie der Wind es trägt" (2005) und Enno Poppes "Trauben" (2005) von den Interpreten mustergültig hervorgekehrt wurden. Das explosive "Schöne Worte" (2007) von Bernhard Gander sowie die Theatralik von Rebacca Sauders "Duo" (1999) fielen dagegen ein wenig ab.

Weitgehend internationalisiert und kaum ihrer orientalischen Herkunft zuzuordnen waren die notierten Kompositionen, die das Ensemble Unitedberlin unter Ferenc Gabor zu österreichischen Erstaufführungen brachte. Gewissenhaft wurde Yoav Pasovskys mikrotonal verstimmte Urwaldlandschaft "Kmatim" und Karim Haddads um einen Grundton angeordnete "Innere Ferne" umgesetzt, sehr anschaulich interpretierten Cellist Claudius von Wrochem, Hornist Noam Yogev und Klarinettist Erich Wagner eine mit "Le Contredésir" betitelte Klangfarben-Studie von Saed Haddad. Eher hölzern wirkte das gesamte Ensemble entlang Samir Odeh-Tamimis massiv-flirrendem Fleckerlteppich "Madih".

Inspirierter agierte das irakische Ensemble Sidare mit traditioneller Makam-Musik in Bearbeitungen des Sängers und Perkussionisten Saad Thamir, der zwischen klug avancierte Rhythmen feinste stimmliche Nuancen streute. Neben ihrem "Bandleader" öffneten Bassem Hawars Djoze (Kniegeige), Jamil Al-Asadis Kanun (Zither) und Adnaan Shanans Ney (Flöte) wahre Schatztruhen teilimprovisierter Liedkunst.


M. Gasser / M. Wagner






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