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Falter - 10.10.2008
Zur Etablierung eines Wir-Gefühls
Engagierte Kunst ist nicht nur in die Jahre gekommen, sondern inzwischen auch erwachsen

Ein Netzwerk aus , Kulturzentrum bei den Minoriten, Katholischer Hochschulgemeinde, Afro-Asiatischem Institut, Chiala Afriquas, ISOP und Megaphon bestreitet die diesjährige Großausstellung des steirischen herbst. Gemeinsam wollen sie ein künstlerisches Statement für transkulturelles Denken und Handeln abgeben, und sie tun das eher unterschwellig. Man muss ja auch wirklich nicht lauter als die Lauten sein.

Die Bedrohlichkeit des titelgebenden "Wie du mir" wird deshalb von Christian Bretter und Christian Ganzer grafisch erst einmal in Richtung Yellow Submarine verarbeitet und ist dann, bunt auf bunt, das Erste einer Vielzahl recht subtiler Gegenbilder, die im und im Priesterseminar - wo bald das Diözesanmuseum die Zeitgenossen verdrängen wird - besichtigt werden können. Im Priesterseminar wäre etwa die Videoarbeit der documenta-geeichten Lidwien van de Ven (Rotterdam/Berlin) zu nennen, die ein in der Omajaden-Moschee von Damaskus spielendes Mädchen zeigt und damit die einstige Kapelle des ehemals an der Speerspitze steirischer Gegenreformation stehenden Jesuitenkollegs feinsinnig entauratisiert. Oder die "Papierbrigade" der aus Israel stammenden, zurzeit als Stipendiatin im Atelier Rondo arbeitenden Daphna Weinstein: auf Putzereikleiderbügel gehängte, übereinander gelagerte Scherenschnitte, die Bilder von Soldaten quasi ex negativo nachzeichnen. Die Grenze zwischen Wirklichkeit und Kunst unwiderruflich hinter sich lässt die kinematografische Skulptur "Voices I" von Daniel Glaser und Magdalena Kunz (Zürich), die während eines dreimonatigen Aufenthalts in Kapstadt gehörte Hoffnungen und Sorgen zwei am Boden eingehüllt hockenden Figuren in den Mund legt.

Ein bisschen Spaß darf freilich auch sein, und daher zog die Künstlergruppe Szu-Szu (Warschau) vom aus als Seemannsband "Kashanti" - vom frisch lackierten Boot aus singend - durch die Stadt. Ansonsten bleibt das öffentlichkeitswirksame Brechen der heimeligsten Vorurteile aber auf die im besten Wortsinn beiläufigsten Formate konzentriert: T-Shirts und Plakate von Libia Castro und Ólafur Ólafsson (Rotterdam/Berlin) etwa, die dem grindigsten Nationalstaatsdenken den Slogan "Dein Land gibt es nicht" entgegenhalten. Ein von Delaine und Damien Le Bas (Worthing, West-Sussex) geplanter, zarter Eingriff in das Grazer Stadtbild wurde hingegen denkmalpflegerisch vereitelt. So muss der Erzherzog am Hauptplatz auch in Zukunft ohne Gitarre auskommen, kann, unmusikalisch wie er ist, die Situation der Grazer Straßenmusiker auch weiterhin nicht fühlbar machen. Wer von ihm sowieso nicht auf mehr Toleranz umgestimmt worden wäre, soll sich doch in den zurückziehen und dort den Film "You are a Beautiful Person" von Tanja Dabo (Rijeka/Zagreb) reinziehen. Darin wird er hören, wie tolerant er allen Menschen gegenüber ist: so lange, bis er's selber glaubt. Ergänzend zu den Ausstellungen gibt's ein engagiertes Diskussions- und Vermittlungsprogramm.


Ulrich Tragatschnig






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