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Salzburger Nachrichten - 25.10.2008
Gefühle lassen sich schwer wiederholen
Kurzstücke. Der "steirische herbst" will die Welt retten und bat junge Autoren um Mitarbeit.

Geld abheben, Fisch kaufen, Welt retten. So könnte es auf einer "To do"-Liste stehen, meinen Macher vom "steirischen herbst". "Welt retten" also als "Extremmetapher" für den "bewusst naiven Glauben an die Möglichkeit des Handelns". Was tun also? Nicht resignieren, trotz allem, trotz gescheiterter Utopien und permanenter Untergangsängste.

   Und weil das Heil unseres Planeten nicht in den Händen eines einzigen Superhelden liegen kann, sondern vielmehr "Teamwork" sein sollte, lud das Grazer Gegenwartskunstfestival vier Autoren der jüngeren Generation ein, Kurzstücke zu verfassen: Ivana Sajko, Lola Arias, Johannes Schrettle sowie Lukas Bärfuss/Noel Dernesch. Drei Stücke - für "China" von Arias fand sich kein geeigneter Regisseur - wurden Donnerstagabend an unterschiedlichen Orten uraufgeführt.

   Der argentinische Regisseur Mariano Pensotti siedelt den Schrettle-Text "kollege von niemand" im faszinierend engen Guckkasten an, der zugleich Filmset ist. Ein argentinisches Quartett spielt Schauspieler, die Szenen aus dem Godard-Streifen "La Chinoise" nachstellen und mit dieser Aktualisierung die Wiederholbarkeit von Gefühlen zur Diskussion stellen. "Reproduktion muss nicht schlecht sein", heißt es einmal trotzig, doch die Wiederaufführung der Rebellischen bereitet Probleme, nährt die Befürchtung, im bloßen Formalismus zu verkümmern. Auf schlüssige Weise nutzt Pensotti den Text, um generell zu fragen, ob Widerstand, ob Kunst etwas bewirken könne. Via TV flimmern Bilder vom Pariser Kommunenleben, im Film und in der Bühnenwirklichkeit werden auf einer Heroentafel Namen gelöscht, bis nur noch Brecht übrig bleibt: Mehrdeutig, durchdacht und auch humorvoll ist diese Theaterminiatur.Tierische Liebe "Biffy & Wutz" heißt das Stück vom Schweizer Duo Lukas Bärfuss und Noel Dernesch, das eine animalische Liebesgeschichte zum Anlass für Vergleiche mit der Welt der Zweibeiner nimmt. Es geht um Aufbegehren gegen die Unterdrücker (Herrchen oder Diktatoren), Aktivität in der Partnerschaft und um das Sattwerden im Faulbett der Zivilisation. Ebenso perfekte wie aufwändige Videos, in denen süße Vierbeiner die Dialoge von zwei Schauspielern auf der Bühne illustrieren, lassen das Publikum schmunzeln. Allein: In der Regie von Dernesch wird alles erzählt und gedeutet, bleibt nichts vom selbstironischen Text in der Schwebe. "Biffy & Wutz", ganz glatt gebürstet, streichelweich statt knurrend: kindertheatertauglich. Bedeutungsfülle im Tanzsaal Die Kroatin Ivana Sajko will in "Rose is a rose is a rose is a rose" Panik durch "Verdrehungen, Beschleunigung und Spucke" zum Ausdruck bringen. Große Worte, die aber im Lichterketten-Tanzsaal, dort, wo Marathontänzer eifern, leiden, sinnieren und sich wundern, nicht eingelöst werden. Das niederländisch-belgische Kollektiv "Wunderbaum" bläht die poetisch-herbe "Partitur" von Sajko auf, forciert Bedeutungsfülle und Geschwätzigkeit. Diesen Text lesen macht mehr Sinn.

Martin Behr






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