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Kurier - 26.10.2008
Verzweifelte Flucht aus der Realität
Kritik - Erstaufführung von Haas' Oper "Melancholia" in Graz

Es sind schier unerschöpfliche Klangwelten. Kombinationen von Obertonspektren, die geringfügige Schwebungen entstehen lassen. Einzelne Töne sind kaum hörbar, nur feinste, mikrotonale Klänge. Und doch erzeugt die Musik des Grazer Komponisten Georg Friedrich Haas bei der österreichischen Erstaufführung seiner vierten Oper "Melancholia" starke, verstörende Stimmungen wie Trauer, Beklemmung und Angst.

   Vor allem, da sie - vom gleichen Team wie bei der bejubelten Pariser Uraufführung im Juni - so großartig realisiert wird, wie im Grazer Opernhaus in der Koproduktion mit dem Steirischen Herbst: Hochkonzentriert und subtil mit vielen Farbspektren wird die komplexe Partitur vom Klangforum Wien unter dem exzellenten Emilio Pomarico umgesetzt.

   Die Geschichte des norwegischen Landschaftsmalers Lars Hertervig (1830-1902), der in seiner Studienzeit wegen der Liebe zu einer 15-Jährigen aus einem Haus geworfen wird, wurde von Jon Fosse, dem Autor des Romans, der von metaphorischer Angst und transzendentaler Hoffnung durchzogen ist, selbst in ein verknapptes Libretto gesteckt.

   Stanislas Nordey hat das minimale Geschehen mit großer Behutsamkeit eindringlich und schlicht inszeniert, wobei die Schizophrenie des Lars, die ständige Gratwanderung zwischen Realität und Wahn packend und verstörend zur Schau gestellt wird. Dazu tragen auch die dunkel bedrohlichen Wände (Emmanuel Clolus) und die nahezu leere Bühne bei, auf der nur eine überdimensionale, leere Malerleinwand schwebt.

   Ein Pauschallob den Akteuren: Allen voran Otto Katzameier, der die mörderisch schwere Partie des Lars mit Bravour bewältigt und seine innere Zerrissenheit drastisch schildert. Untadelig auch Melanie Walz als seine geliebte Helene und Johannes Schmidt (Winckelmann) sowie Daniel Glogger (Alfred), Martyn Hill (Bodom) und das absolut intonationsreine Vokalensemble NOVA.

Helmut Christian Mayer






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