Kurier - 24.09.2008
Schummeln oder Maul halten: Strategien gegen das Unglück
Noch steht eine Hebebühne vor dem Joanneum. An der Katastrophe wird
gearbeitet, doch kommende Woche soll sie perfekt sein. So perfekt, wie
es ein Unglück eben sein kann: Der steirische herbst wird am 2. Oktober
eröffnet und vor der Festivalzentrale, dem Museum Joanneum in Graz,
wartet eine (nachgebaute) Explosion auf die Besucher.
Denn so
eine Explosion ist ein Unglück, darin spiegelt sich das Leitmotiv des
Festivals: "Strategien zur Unglücksvermeidung" ließ Intendantin
Veronica Kaup-Hasler suchen und 100 Möglichkeiten wurden gefunden. Von
Apfelbaum pflanzen über im Bett bleiben bis Maul halten.
Rund
um diese Begriffe haben die Künstler ein breites Netz an Ideen
gesponnen. Bei einigen muss der Besucher selbst aktiv werden, das fängt
schon bei der Eröffnung an. "Das Publikum ist eingeladen, zu
partizipieren", beschreibt Kaup-Hasler das "Volksbad
Waagner-Biro-Straße" des Duos Steinbrener & Dempf an. Wie genau,
bleibt vorerst verborgen, aber "jeder muss sich auf die eine oder
andere Art verhalten. Man kann versuchen, zu schummeln, sich zu
solidarisieren, Hindernisse umgehen."
In der Klinik
Einige Stunden Zeit sind für die "Komplex-Nord-Methode" von SIGNA
nötig. Im Joanneum wurde das Abbild einer psychiatrischen Klinik
errichtet. Die Besucher schreiben sich ein und werden als Patienten
Teil des Projekts. "Sechs Stunden mindestens" empfiehlt Kaup-Hasler als
Aufenthaltsdauer. Michel Schweizer bringt unterdessen Schäferhunde auf
eine Bühne. Perfekt trainiert reagieren sie auf die Zeichen ihrer
Trainer, die mit einem Philosophen, einem Legionär und einen
Psychoanalytiker über das Weltwirtschaftsforum diskutieren. "Trotz
ihrer Dressiertheit sind die Hunde eine ständige Bedrohung", erläutert
Kaup-Hasler. "Wie in der Gesellschaft könnte die Situation ständig
kippen."
Elisabeth HolzerLänder