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Kleine Zeitung - 03.10.2008
Im Volksbad mit Tarzan und Jane
Die gestrige Eröffnung des steirischen herbstes war feucht-fröhlich, aber in ganz anderem Sinn: Ein simpler Wassergraben weckte das Kind im Manne und der Frau.

Nasse Füße bekommen, das kennt man. Mit der Sprichwörtlichkeit begnügte sich der steirische herbst bei seinem Auftakt gestern Abend in der Grazer List-Halle allerdings nicht. Nachdem die ersten Besucher feucht-fröhlich ins "Volksbad Waagner-Biro-Straße" eingetaucht waren (nackte Details später), eröffnete Veronica Kaup-Hasler das Festival 2008 mit einem Fingerpfiff und "Liebe Badegäste!".

Das Leitmotiv des heurigen Festivals lautet ja "Strategien zur Unglücksvermeidung": Man habe sich in ihrem Team lang mit diesem Thema beschäftigt, sagte die Intendantin, "und es ist - wie man spätestens seit der letzten Neuwahl vermuten darf - offensichtlich leider nicht auf der Agenda der bis dato regierenden Großparteien gestanden".

Dem Festival gehe es mit dem auch spielerisch gemeinten Motto aber "nicht um den verzagten, deprimierten Blick auf die Welt, sondern darum, wie wir aktiv sein können: Handeln und die Welt - und sei es im Detail - verändern". Der herbst wolle dazu laut Kaup-Hasler auch heuer wieder "die großen gesellschaftlichen Utopien hinterfragen und den einfachen plakativen Lösungen misstrauen". Handeln hieß es auch im Parcours, den Christoph Steinbrener und Rainer Dempf für die Festbesucher gebaut hatten. Der Bildhauer und der Fotograf sind ja Garanten für subversive Hinterfragungen von Konventionen, so etwa mit ihrem Projekt "Delete!", für das in der Wiener Neubaugasse zwei Wochen lang alle Logos und Werbeanzeigen verhüllt wurden.

Grünes Labyrinth

Diesmal brach das Duo mit seinem "Volksbad" das Ritual des Festes, indem Männlein und Weiblein nur streng getrennt in die List-Halle durften. Im Foyer mäanderte man durch ein Labyrinth aus 350 Kirschlorbeer-Stöcken. Landeskultur-Chefin Gabriele Russ hatte sich zum angeblich starken Geschlecht geschummelt und die Ordner verblüfft: "Woher wollen Sie wissen, dass ich nicht ein Mann bin?"

Hinter den Türen überraschte dann ein von einem rund zwei Meter breiten Wassergraben durchschnittener Saal. Übers Wasser gegangen ist schon ein anderer. Karl Schauer lachte über den Satz und ließ sich nicht lange bitten. Der Mariazeller Pater Superior, der "noch nie Angst vor der Grundsituation des Unglücks hatte" und Scheitern vor allem als notwendige Lebenserfahrung sieht, schwang sich als einer der Ersten an von der Decke hängenden Kletterseilen über den Graben. Jubel von den Schäfchen.

"Die Einsamkeit hier ist ganz gut, eine gewisse Klostersituation", sagte Stadtmuseum-Direktor Otto Hochreiter, indes immer mehr Männer in Tarzan-Manier zu den Frauen überwechselten. "Ungerecht! Wo bleibt das Gender Streaming?", fragte Kurt Jungwirth, weil sich zunächst keine einzige Jane herüber traute. Dann opferte aber auch der langjährige herbst-Präsident beim Lianenschwung einen Schuh für den Seitenwechsel.

Schwieriger wurde es im Laufe des Abends noch mit den Glücksmomenten, weil der Wassergraben die Nahrungskette unterbrach. Hier das verlockende Buffet mit Shrimps und Huhn, dort hungrige Frauen. Und so musste so mancher Galan nach misslungenem Ganzkörpereinsatz beim Hürdensprung sogar einen "Bade-Anzug" tragen.

ZITAT:
"Unser Motto "Strategien zur Unglücksvermeidung" ist offensichtlich leider nicht auf der Agenda der bis dato regierenden Großparteien unseres Landes gestanden."

Veronica Kaup-Hasler
Frido Hütter / Michael Tschida






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