Kronen Zeitung - 18.10.2008
Ringelreihen mit Kult-Attitüde
Stuarts Compagnie Damaged Goods in einer Aktion, bei der das Publikum nur zuschauen durfte
"All Together Now" beim "herbst" in der Grazer List-Halle
Zum
gemeinschaftlichen Hüpfen und Händchenhalten vergattert der Tanzabend
"All Toghether Now" das Publikum in der List-Halle. Star-Choreografin
Meg Stuart hat für den "steirischen herbst" einen mitunter kraftlosen
Ringelreihen mit kultischer Attitüde kreiert. Dazwischen gehen sich ein
paar schöne Bilder aus.
Der Titel "All Together Now" ist
Programm, wird das Publikum doch von den sechs Tänzern zum Mitmachen
aufgefordert. Da formiert man sich händchenhaltend zum Kreis, hüpft
gemeinsam durch die Halle, verspeist eine Schokotorte, um schließlich
in einer Gruppen-Therapie über den Tod zu sprechen.
Die
Stiftung von Gemeinschaft steht im Zentrum von Stuarts Arbeit. Der
kultische Gestus, den "All Together Now" heraufbeschwört, verdichtet
sich vereinzelt zu starken Bildern: Gemeinschaftlicher Tanz vor einer
riesigen Figur, Opfer- und Kampfrituale vor einem mit Münzen rasselnden
Publikum. Der Abend bewegt sich dabei in prekären Bereichen, gelten
doch Handlungen, die das Individuum in eine Masse hineinnivellieren,
zumindest politisch völlig zurecht als fragwürdig. In kulturellen
Kontexten ist das jedoch eine gängige, viel seltener hinterfragte
Praxis, man denke nur an Popkonzerte.
Auch wenn dem Ganzen ein
treuherziger Optimismus auf Animatoren-Niveau nicht wegzuleugnen ist,
demonstriert die langatmige Gesamtdramaturgie vielleicht ungewollt die
Schwierigkeit einer Instant-Konstruktion von Gemeinschaftsgefühl. Der
Abend läuft immer wieder ins Leere, lässt aufgebaute Energien in
läppische, beliebig scheinende Szenerien verpuffen.
Marting Gasser