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Falter - 15.10.2008
Bitte mehr Pizza-Pas-de-deux
steirischer herbst, die zweite Woche: Es hat sich gut gesteigert

Der Dienstag. Das Kunsthaus und der steirische herbst - das ist eine Geschichte für sich. Dieses Jahr hat es die blaue Blase beinahe gar nicht ins Festivalprogramm geschafft. Die von Peter Pakesch angesetzten "biomorphen Formen" ließen sich partout nicht unter eines der hundert herbst-Verba zu "Strategien zur Unglücksvermeidung" subsumieren. Freilich, man hätte "schummeln" können, die Kunst, die dem blanken Leben auf der Spur ist, unter "zeugen", "beischlafen" oder "abnabeln" einreihen können. Aber schummeln - das geht natürlich nicht. Das Kunsthaus steuert daher heuer nur drei Künstlervorträge bei, der erste wurde von der ungarischen Künstlerin Roza El-Hassan gehalten. Ist ja auch nicht nichts.

El-Hassan hat viele bemerkenswerte Sätze im Kunsthaus hinterlassen. Leider war der space04 nicht so toll voll. Zum Beispiel hat sie gesagt: "Ich habe seit 1999 viele politische Arbeiten gemacht, und, wenn ich ehrlich bin, hat mir das viel Unglück gebracht."

Auch noch nicht recht herumgesprochen hat sich die Konzertreihe "Devices" im Festivalzentrum. War ja auch erst ein Mal. Der Brite Russell Haswell wollte eigentlich was mit seinem Laptop machen, ging aber nicht, weil der kaputt wurde. Das Ersatzprogramm war aber auch Gold: Der Mann hat sich vor sein Mischpult gelegt und allerlei Geräusche vorgespielt, die er in der freien Natur aufgenommen hat. Zum Beispiel das von Ameisen, die sich gerade die eigenen Glieder ausreißen. Oder das von Fliegen auf Aas. So geht biomorph.

Der Donnerstag. Mit einer Installation von Sebastian Meissner und Serhat Karakayali und einem Buffet von ISOP hat in der ESC das musikprotokoll begonnen. Mehr mit Protokoll als mit Musik. In der Installation - ein kiesgeschotterter, abgedunkelter Raum, Kontaktmikros, Mini-Bilder der im Krieg zerstörten Moschee von Banja Luka - kam man sich sehr verloren vor. Hieß ja auch "lost spaces". Auch die anschließende Diskussion über das neue Netzwerk alternativer Musikfestivals ECAS ("European Cities of Advanced Sounds") war für Nicht-Festivalintendanten nicht gerade der Hammer. Ebenso wenig wie die abendlichen ECAS-Konzerte in der Generalmusikdirektion. Pål Asle Pettersen hat sich hinter einem Laptop versteckt, die beiden Früchtchen von frufru haben ihrerseits ihren Laptop hinter allerhand lustigen Retro-Geräuschmaschinen verborgen und schön dazu gesungen. Dann war noch Jazz mit dem Stavanger Kitchen Orchestra. Und bei bonaNza soll es dann wenigstens laut geworden sein. Da war ich aber schon im Bett.

Der Freitag. Raus aus den Federn, rein in die Stadt! Das haben sich auch Folke Köbberling und Martin Kaltwasser gedacht, die ihre Kunst regelmäßig in den Berliner Stadtraum tragen und dort ganze Dörfer entstehen lassen. Am Andreas-Hofer-Platz versuchen die beiden seit einer Woche, aus einem alten Peugeot ein fahrtaugliches Fahrrad zu basteln, die Anleitung dazu hat Intendantin-Tochter Hannah geliefert. Sieht super aus und ist im HdA zu bewundern! Die Zeiten, als man Schwerter zu Pflugscharen machen musste, um politisch o.k. zu sein, sind damit wohl vorbei.

Ein glückspendendes Comeback gab's abends im Schauspielhaus, wo das Nature Theatre of Oklahoma mit seinem "Ballet Brut" gastierte: Mundspray-Jetés! Tiefschlaf-Rollen! Pizza-Pas-de-deux! Könnten die nicht gleich das ganze Haus übernehmen, bitte? Zumindest für einen Monat. Oder zwei. Im Festivalzentrum hat dann noch der Wahlberliner A. J. Holmes mit seinen Highlife-Variationen für gute Laune gesorgt. So schön kann herbst sein. Samstag habe ich dafür geschwänzt.


Thomas Wolkinger






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