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Veronica Kaup-Hasler



Vorwort


Listen schreiben: Das tut man, wenn die Verhältnisse unübersichtlich geworden sind. Wenn man, möglicherweise unter Druck, Handlungsoptionen sortieren oder Ordnung in ein Chaos bringen möchte, dessen man nicht mehr Herr zu werden scheint.

Unglück vermeiden, die Welt retten. Lachhaft, trickreich, pragmatisch, naiv, überzeugt, den Blick aufs große Ganze ebenso gerichtet wie auf die kleinen privaten Details und Halböffentlichkeiten: Die Suche nach "Strategien zur Unglücksvermeidung" (das Leitmotiv des diesjährigen herbst) generierte ebenfalls eine Liste. Der Bogen von 100 Begriffen spannt sich von A wie Abschalten und B wie Befreien über K wie Kritisieren, S wie Sprengen, W wie Wiederverwenden bis hin zu Z wie Zusammenrücken. Es liegt im Wesen von Listen, dass sie zuweilen paradox erscheinen. Auch diese wirkt zunächst wie einem privaten Kontext entnommen, spontan auf einen Bierdeckel gekritzelt - und ist doch anwendbar auf andere Sphären des Daseins.

Sie war Inspiration und Ausgangspunkt für viele Gespräche mit Künstlern und Kollegen, die mit ihren Fragen und Ergänzungen die Liste verändert und ihre je eigenen Prioritäten gesetzt und somit wieder neue Ordnungssysteme erstellt haben.

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Strategien zur Unglücksvermeidung


Aber was heißt schon Ordnung. Gegen "die autoritäre Liste, die uns als eine passive Aufzeichnung von Kräfteverhältnissen aufgedrängt wird", besteht laut François Jullien immer noch die Option der "erfinderischen Liste, die sich frei mit der Ordnung der Dinge vergnügt".


Mit diesem Vergnügen subversiv und produktiv umzugehen: eine Herausforderung an den Möglichkeitssinn. "Strategien zur Unglücksvermeidung" steht für einen skeptischen Glauben an die Möglichkeiten des Handelns.

Eines Handelns zwischen Bild und Tat, post-ironisch, aber nicht unironisch, aktiv, aber nicht aktivistisch. Pathos als Alltagsangelegenheit: Immer noch geht es darum, etwas zu tun, zu bewegen, zu verändern. Aber wie entkommt man der Lähmung im Denken und Handeln angesichts der Behauptung, dass die Zeit der (oft missbrauchten) Utopien und großen gesellschaftlichen Visionen der Vergangenheit angehört? Schärft sich nicht gerade in den kleinen, überschaubaren Bereichen das Unterscheidungsvermögen?

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Melancholie und Explosion


So wie unsere Liste versammelt auch das Programm große und kleine Ansätze, Interventionen, kreative Optionen: Von der Eröffnungsinstallation, die das Publikum zum Handeln zwingt, Auftragsstücken zum Thema "Welt retten" über ein temporäres Spital im Joanneum bis zu Ausstellungen, Filmreihen und das Theorieprogramm - überall finden sich Anlässe, über Handlungsmomente nachzudenken oder selbst zum Handelnden zu werden.

Auch das Festivalzentrum, das die Künstlerarchitekten von raumlaborberlin für das leerstehende Joanneum konzipiert haben, greift den Gedanken der Katastrophe mit einer begehbaren architektonischen Explosion auf. Seinen Abschluss findet der steirische herbst dann mit der Oper "Melancholia" des Grazer Komponisten Georg Friedrich Haas, die tief eintaucht in eine Welt der krankhaften Depression und des manischen Arbeitens.

Es ist wieder ein reicher, vielstimmiger und risikofreudiger herbst, zu dem wir Sie herzlich einladen - wir freuen uns auf eine Zeit intensiver Begegnungen!




» Strategien zur Unglücksvermeidung – To-Do-Liste und Umfrage



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