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Workshop I

Warum wir nicht das tun, was wir eigentlich wollen.
Und doch Akteure sind
06/10 - 11/10/2008
In Englischer Sprache

Von Gesa Ziemer (CH/D)
Mit Tony Chakar (RL), Scott Lash (GB), geheimagentur / Club der autonomen Astronauten (Fundus Theater) (D) & Claus Pias (A/D)

Jede Gruppe, wie klein oder groß auch immer, braucht einen limes   
wie den mythischen, den Romulus um das entstehende Rom zog.  
  Bruno Latour  

Seit einiger Zeit wird eine Krise des Handelns diagnostiziert. Kurz gesagt beruht diese darauf, dass sich das souveräne, autonom handelnde Subjekt selber in Frage stellt. Gleichzeitig wird die Wirksamkeit seiner Handlungen von komplexen äußeren Vorgängen in Frage gestellt. Wie sollen wir als Einzelne ökologisch sinnvoll handeln? Können wir technische Entwicklungen oder Globalisierung individuell beeinflussen? Solche Fragen zeigen wie klein unser Handlungsspielraum in der Regel ist. Sie zeigen auch, dass altbekannte soziale Zugehörigkeiten wie Familien, Parteien oder Nationen, in denen wir agieren, brüchig geworden sind.
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In diesem Workshop werden deshalb unberechenbare, aber produktive Eigendynamiken und Wirksamkeiten von Gruppen diskutiert. Denn wenn wir handeln, sind wir meistens nicht allein. Wir agieren in Formationen und stellen neue her – auch wenn diese nur ganz klein sind. Wir sind Akteure in Netzwerken, Schwärmen, Komplizenschaften, wir bilden Versammlungen oder Teams. Handeln, sei dieses individuell oder kollektiv gedacht, unterliegt wohl in den meisten Fällen nicht der vollen Kontrolle unseres Bewusstseins. Wir wissen oft nicht, warum wir etwas tun und anderes unterlassen. Trotzdem sind wir ständig Täterinnen und Täter oder – etwas weniger dramatisch ausgedrückt – Akteure. Was könnte Akteur-Sein heute bedeuten? Debatten um das Wort ‚agency’ sind hilfreich: Es heißt soviel wie Handlung, jedoch auch Wirksamkeit. ‚Agency’ verweist vielleicht darauf, dass nicht nur autonome Menschen handeln, sondern auch nicht-menschliche Wesen (Bruno Latour). Stellen wir uns einen „imaginären Supermarkt der sozialen Verknüpfungen“ vor, in dem beispielsweise auch Dinge miteinander interagieren. Versuchen wir uns mithilfe eines assoziativen Vorgehens neue soziale Interaktionen vorzustellen.  

Der Fokus des Workshops liegt auf Momenten von Wahrnehmung und Bewegung in Gruppenbildung, die in Kunst und Theorie gleichermaßen relevant sind. Rhythmus, Tempo, Richtung oder Intensität von Bewegung entscheiden oft über das Funktionieren oder Scheitern von Gruppenformationen. Mit Gästen aus diesen Bereichen werden Theorie- und Kunstansätze diskutiert, konkrete Beispiele im Festival angeschaut und praktisch experimentiert. Kann eine (bewegte) Theorie kleiner Gruppen zu einer neuen Praxis des Handelns werden?

Am 11/10/2008 nimmt der Workshop an der Walking Conference des steirischen herbst zum Thema „Strategien zur Unglücksvermeidung“ teil (mit Isolde Charim, Scott Lash, Michaela Ott, plan b u.v.a.).
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Tony Chakar, Architekt, geboren 1968 in Beirut. Seine Arbeiten umfassen u.a.: „A Window to the World“, Ashkal Alwan, Beirut (2005). „Various Small Fires“, The Royal College of Art, London (2007). „Memorial to the Iraq War“, ICA, London (2007). „Yesterday's Man“, eine Mischung aus Theaterstück und Performance mit Rabih Mroué und Tiago Rodrigues (2007), Präsentation in verschiedenen europäischen Städten. Mitarbeit bei Al-Mulhaq, der Kulturbeilage der libanesischen Tageszeitung An-Nahar, sowie bei anderen europäischen Kunstmagazinen. Unterrichtet Kunstgeschichte und Architekturgeschichte an der Académie Libanaise des Beaux arts (ALBA), Beirut.

Scott Lash ist Professor für Soziologie und Kulturwissenschaften am Goldsmiths College der University of London. Seine Arbeiten haben sowohl den Bereich der Soziologie und Kulturwissenschaften nachhaltig beeinflusst, als auch im Feld der Kulturgeografie starke Beachtung gefunden. Bücher: „Recognition and Difference: Politics, Identity, Multiculture“ (Koedition mit M. Featherstone), London: Sage (2002). „Global Culture Industry: The Mediation of Things“, Cambridge: Polity (2005), Auftragswerk. Koautor: C. Lury.

geheimagentur in Kooperation mit dem Club der autonomen Astronauten (Fundus Theater)
Die geheimagentur führt ihre Forschungen im Bereich des Außergewöhnlichen, Irregulären oder strikt Absonderlichen durch: die „Alibi-Agentur“ (Thalia Theater Hamburg 2008), das „Orakel der goldenen Wochen“ (Kampnagel Hamburg 2008), das „Casino of Tricks“ (Urbanfestival Zagreb 2007). Die geheimagentur gründet Einrichtungen und provoziert Situationen, die auf den ersten Blick fiktiv erscheinen, sich dann jedoch als überraschend real erweisen. (www.geheimagentur.net)
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Claus Pias 
ist Professor für Erkenntnistheorie und Philosophie der Digitalen Medien am Institut für Philosophie der Universität Wien. Studium der Elektrotechnik in Aachen, der Kunstgeschichte, Philosophie und Germanistik in Bonn und Bochum. 2001-2006 Mitglied der Jungen Akademie der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. 2006 Senior Fellow am Internationalen Forschungszentrum Kulturwissenschaften (IFK) Wien. Forschungsschwerpunkte: Medien- und Technikphilosophie, Mediengeschichte der Wissenschaften. Aktuelle Forschungsthemen und -projekte: Geschichte und Theorie der Computersimulation, Wissensgeschichte der Kybernetik, Skalierung als technisches und philosophisches Problem, Epistemologie des Kalten Krieges, Edition der kritischen Schriften Hermann Bahrs (1863-1934)

Gesa Ziemer ist Professorin in den Bereichen Kulturtheorie und Ästhetik Zürcher Hochschule der Künste. Freie Kuratorin von Projekten an der Schnittstelle Theorie und Theater. Zur Zeit Gastprofessuren/-dozenturen HafenCity University Hamburg für Stadtentwicklung und F+F (Schule für Kunst und Mediendesign Zürich) für Bildtheorie. Veröffentlichungen in diversen Medien, u.a. Publikation: Verletzbare Orte. Entwurf einer praktischen Ästhetik. Berlin/Zürich 2008. Film: Komplizenschaften (mit Barbara Weber) 2007.


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